Seelenjagd

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Zusammenfassung

Das Halloween Event 2017 "Seelenjagd" startete unangekündigt und ohne Erklärung mit der Einführung des Items "Seelenaye" als zufällige Jagdbeute auf den Welten Dunladan, Endurias und Zythania. Das Item war lediglich mit dem Hinweis versehen "Es scheint magisch zu sein". Erst einige Tage später wurde der begleitende Hintergrund veröffentlicht, der die Geschichte in einzelnen Schritten vorantrieb.

Rollenspielhintergrund

Akt I

Teil 1: Der Nebel

“Es ist dieser Nebel…”, Sangyl stockte. Er war kreidebleich und zitterte am ganzen Leib. Leere Augen blickten an die Wand. Liebevoll besorgt rückte seine Schwester Sinari die Decke über seinen Schultern zurecht. Die Geschwister saßen in der Wachstube der Stadt und standen dem Hauptmann der Wache Rede und Antwort.

“Ja? Der Nebel… Geht Eure Geschichte noch weiter?” Hauptmann Tarrn war ungeduldig, standen doch nur diese zwei Elfen zwischen ihm und einer köstlichen Kürbissuppe wie nur seine Mutter sie zubereiten konnte.

Sangyl fing sich wieder und berichtete weiter. “Der Nebel, er kommt aus dem Boden und wandert… direkt auf die Stadt zu.”

Der Hauptmann stutzte. Schließlich war es nichts Neues, dass Untote, Lycanthropen und anderes Gekreuch sich in den Landen herumtrieben. “Nebel ist nicht unbedingt ein außergewöhnliches Wetterphänomen, gerade in den Sümpfen. Wenn etwas Wind…”

Sinari unterbrach den Hauptmann. “Was mein Bruder meint, hat nichts mit dem Wetter zu tun! Ich habe es auch gesehen, es gespürt. Der Nebel... er lebt.” Ungläubig schüttelte der Hauptmann den Kopf und versuchte ein amüsiertes Grinsen zu unterdrücken. Die beiden schienen wohl zart besaitet zu sein.

Sinari fuhr unbeirrt fort. “Wir flohen und wollten in der Stadt Zuflucht finden.” Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihre Stimme bebte vor Aufregung. “Sobald wir jedoch das Hoheitsgebiet der Stadt betraten, lauerte uns eine Gruppe Untoter auf. Nur wenige Meter vor der Stadtmauer gruben sie sich aus dem Erdreich an die Oberfläche.” Das war wirklich ungewöhnlich, aber Hauptmann Tarrn ließ es sich nicht anmerken. Es geschah nur einmal in ein paar Jahren, dass sich vielleicht mal ein Wolf bis an die Mauern verirrte, aber die Stadtwache kann dies in der Regel schnell abwenden, bevor die Bauern auf ihren Feldern vor der Stadt in Gefahr geraten. Wenn sich jedoch etwas durch den Boden gräbt… Der Hauptmann mochte gar nicht darüber nachdenken.

“Also gut”, versuchte er die Gemüter zu beruhigen, auch weil sein Magen knurrte. Ich werde ein paar geeignete Jagdgruppen entsenden, die sich das einmal ansehen werden. Hier in der Stadt seid Ihr erst einmal sicher.”

“Nein, das sind wir nicht”, entgegnete Sangyl jetzt mit gefasster ruhiger Stimme. Der Nebel kommt und er macht auch vor der vermeintlichen Sicherheit der Stadt nicht Halt. Eure Jagdgruppen und Wachleute werden ihn nicht aufhalten können. Kein Pfeil oder Schwert kann ihn aufhalten.”

“Was soll ich denn tun?”, der Hauptmann verlor zunehmend die Geduld.

Sinari legte beide Hände auf die Schultern ihres Bruders und half ihm auf. “Vermutlich könnt Ihr nichts tun, aber ich bitte Euch inständig, warnt die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.” Der Hauptmann schüttelte den Kopf. “Ich werde wohl kaum wegen etwas Nebel und einer kleinen Gruppe verirrter Untoter die Pferde scheu machen.” Es wurde Zeit die Wachstube zu verlassen. Vorsichtig führte Sinari Sangyl zur Tür, als diese mit einem heftigen Stoß geöffnet wurde.

“Herr Hauptmann!”, ein junger Rekrut der Stadtwache stürmte herein und salutierte vor seinem Vorgesetzten. Die beiden Elfen ignorierte er.

Tarrn rollte mit den Augen. Bei allen Göttern und Geistern, wollt Ihr denn nicht, dass ich heute noch etwas zwischen die Zähne bekomme? “Was ist denn nun schon wieder?” Der Rekrut griff in einen Beutel und holte eine leuchtend helle, bläulich schimmernde Kugel hervor. Sie war von der Größe eines kleinen Kürbisses und in perfekter runder Form. Vorsichtig hielt er sie dem Hauptmann unter die Nase.

“Was soll das sein?”, fragte dieser. So etwas hatte er in seinen dreißig Jahren in der Stadtwache nie zuvor gesehen. Die Kugel schien leicht zu dampfen und in ihrem Inneren bewegte sich etwas.

Der Rekrut war außer sich. “Das hat ein Jäger bei einem Skelettmagier im Sumpf, nur dreißig Meter vor der Stadtmauer gefunden. Ein Skelettmagier, direkt vor der Stadt!”

Schon wieder? Der Hauptmann blieb erneut gelassen. “Was soll das überhaupt sein?”, er deutete auf die Kugel.

Ratlos betrachtete der Rekrut das leuchtende Ding in seiner Hand. “Vielleicht ist es ein Ei?”

Sinari lachte laut auf. “Skelette legen keine Eier.” Sie verstummte sofort wieder, als sie den wütenden Blick des hungrigen Hauptmanns sah.

Dieser richtete auch sogleich das Wort an die Elfe. “Wie Ihr seht, habe ich noch etwas anderes zu tun. Ich habe Euch bereits Hilfe zugesagt, wenn Ihr uns also bitte verlassen möchtet?” Er nahm die Kugel an sich, die der Rekrut ihm immer noch entgegenhielt. Sie war kalt und fühlte sich an wie Glas, nur irgendwie rauh. Sein Magen knurrte plötzlich laut auf und alle im Raum blickten ihn an. Hauptmann Tarrn fuhr jedoch unbeirrt fort. “Und wie sollen wir herausfinden, um was es sich hierbei handelt?” Ohne eine Antwort abzuwarten ließ er die Kugel fallen. Sie zerbarst sofort auf dem Boden. Eiskalter Dampf stieg aus ihr empor und verlor sich mit einem leisen Heulen in der Luft. Ungläubig blickte der Hauptmann in die Runde. “Nun, so etwas habe ich wirklich noch nicht gesehen.”

Der Rekrut deutete stumm auf den Boden, auf die Stelle an der die Kugel vermeintlich in tausend Scherben zerbrochen sein mochte. Doch dort war nichts. Keine Scherbe, kein Fleck. Nichts.

Für einen Moment herrschte absolute Stille in der Wachstube, bis der Hauptmann das Wort ergriff. “Du!”, er deutete auf den Rekruten. “Bring mir mehr davon. Wenn jemand noch so eines findet, bringe es mir. Außerdem besuchst du den Erzalchimisten, er soll sich noch heute in meiner Wachstube einfinden. Ich werde es mit ihm besprechen.” Er wandte sich an die Geschwister. “Und Ihr verschwindet jetzt, das Wetter wird sich wieder ändern.” Wütend zog Sinari ihre Stirn in Falten und führte ihren Bruder zur Tür hinaus.

Der Hauptmann folgte ihnen und machte sich auf den Weg zum Haus seiner Mutter. Der Geschmack der Kürbissuppe lag ihm bereits auf der Zunge.

Teil 2: Seelenaye

Als Lannes sich nach diesem unerklärlichen Ereignis wieder ein wenig gefangen hatte, machte er sich auf den Weg die Anweisungen des Hauptmanns auszuführen. Er sprach einige Befehle aus und erntete von seinen Kameraden, die allesamt um einiges älter und erfahrener waren als er, nichts anderes als ungläubige Blicke. Noch bevor einer von ihnen zum Protest ansetzten konnte, eilte Lannes so schnell ihn seine Beine trugen in das Labor des Erzalchimisten. Erst als der Rekrut erklärte, dass er auf eiligen Befehl Hauptmann Tarrns handelte, ließ man ihn vor.

Der Erzalchimist Baldrim galt als guter Freund des Hauptmanns, als weise und dennoch aufgeschlossen und neugierig bezüglich allem Neuen was es in der Welt zu entdecken gab. Unerwartet schnell gewann der junge Rekrut die Aufmerksamkeit des Mannes, als er ihm von dem Fund des “Seelen-Ei” berichtete, wie Lannes es nannte. Kein Detail blieb in der Geschichte aus, Lannes erzählte bildhaft und voller Eifer.

Schließlich kratze sich Baldrim nachdenklich an seinem grauen Bart. “In der Tat, von einem Seelenaye habe ich ebenfalls niemals zuvor gehört. Das klingt für mich eindeutig elfisch. Ich werde alsbald einige alt-elfische Schriften zusammentragen lassen, um der Sache auf den Grund zu gehen.” Er schickte den Jungen zurück in den Wachdienst und einige seiner Scholare in die Bibliotheken. Wiederum andere sollten an den Sammelplätzen der hiesigen Jagdgesellschaften erfragen, ob weitere Jäger bereits eines dieser mysteriösen Seelenaye gefunden haben.

Nach etwa einer Stunde war der Erzalchimist keinen Deut klüger als zuvor. Er legte seinen Umhang an, verstaute einige Schriften, die die Scholare für ihn zusammengetragen hatten, in einer Mappe und machte sich auf den Weg zur Wachstube des Hauptmanns der Stadtwache.

Kaum verließ er seine Laboratorien, trat ihm ein Bibliothekar entgegen. “Meister Baldrim”, sprach dieser. “Auf ein Wort?” Der Erzalchimist lief schnellen Schrittes weiter und nickte. “Sofern Ihr mich ein Stück begleitet. Ich habe einen Termin von äußerster Dringlichkeit.”

Der Bibliothekar schloss auf. “Mich erreichte Kunde von zahlreichen Wetterphänomenen im ganzen Umland. Ein Bote aus dem Osten berichtet von einem rot und lila gefärbten Himmel, mitten am Tage. Im Westen lauert ein Nebel der sich stetig auf die Stadt zubewegt, dick wie eine Wand. Die Bewohner der Stadt reden von Eiern aus denen Geister schlüpfen. Wisst Ihr was es damit auf sich hat?”

Baldrim runzelte die Stirn, lachte kurz auf und verlangsamte seinen Schritt. “Eier? Das gemeine Volk ist so töricht. Sie spekulieren über Dinge, die sie nicht verstehen und so verbreiten sich Gerüchte in der Welt, die die Kinder nicht schlafen lassen und die alten Weiber zu ihren Gruselgeschichten inspirieren. Mögt Ihr mir einen Bericht zu den wetterlichen Ungereimtheiten verfassen und eine Kopie nachrichtlich an den Hauptmann der Wache senden?”

Eifrig nickte der Bibliothekar. “Und was ist mit diesen Eiern, wenn sie denn keine Eier sind?”

“Es handelt sich um Seelenaye”, erklärte der Erzalchimist mit erhobenem Zeigefinger und blieb nun stehen. “Es muss sich dabei um ein uraltes elfisches Mysterium handeln. Vielleicht ein Fluch oder eine Prophezeihung? Ich gedenke in meinen Schriften darauf bald eine Antwort zu finden.”

“Ihr seid so weise, Meister Baldrim. Diese Stadt kann sich dankbar schätzen, dass sie von Eurer Erfahrung und Klugheit profitieren darf.” Der Bibliothekar verabschiedete sich, um alle Informationen zu den Veränderungen des Wetters zusammenzutragen und in der Akademie allen von den Seelenayen zu berichten.

Teil 3: Das Dekret

Eine Kürbissuppe gab es nicht. Überhaupt gab es nichts. Zumindest nicht für den Hauptmann, dessen Magen nunmehr im Minutentakt knurrte. Auf dem Weg zum Haus seiner Mutter wurde er ganze drei Male von Bittstellern aufgehalten, die sich allesamt nur schwer abwimmeln ließen. Der eine beschwerte sich darüber, dass irgendetwas sein Kürbisfeld vor den Stadttoren völlig umgegraben und zahlreiche Knochen hinterlassen hatte. Die Stadtwache hatte davon nichts bemerkt, obwohl diese die Sicherheit vor den Grenzen der Stadt bislang zu aller Zufriedenheit gewährleistet hatte. Nun verlangte der Bauer Wiedergutmachung vom Hauptmann.

Eine andere Bittstellerin berichtete von wilden Träumen, die sie in der Nacht hatte. Eine weiße Wand würde darin alles Leben in der Stadt verschlingen. Die Frau war blind und behauptete felsenfest, dass ihre Träume stets wahr wurden. Ein Dritter ließ sich am leichtesten abwimmeln. Er wollte sich lediglich für die Stadtwache bewerben.

All diese Nachrichten brachten den Hauptmann nun doch ins Grübeln.

Als er endlich das Haus seiner Mutter betrat, saß ein junger Mann am Esstisch und löffelte Suppe aus einer hölzernen Schale. Es war Drumdir, der Sohn der Nachbarin.

“Was machst du denn hier?”, begrüßte seine Mutter den Hauptmann barsch. Die betagte alte Dame legte nicht viel Wert auf Höflichkeiten. Zumindest nicht gegenüber ihrer Kinder. “Ich komme zum Essen, Mutter”, antwortete Tarrn mehr überrascht über den unverhofften Gast, als die Frage.

Die Mutter stemmte die Hände in die ausladenden Hüften und tappte mit dem Fuß ungeduldig auf den Boden. “Dann kommst du aber zu spät! Erst stand ich den ganzen Morgen in der Küche und dann habe ich über eine Stunde gewartet. Jetzt isst Drumdir deine Suppe.”

Der junge Mann drehte sich kauend zum Hauptmann herum und entblößte grinsend einige Essensreste zwischen seinen Zähnen.

Noch ehe der Hauptmann ungehalten werden konnte – was er sich in Gegenwart seiner Mutter vermutlich sowieso nicht getraut hätte – polterte es laut an der Tür.

“Was ist das für ein Lärm?”, keifte die Alte, während ihr Sohn seufzend öffnete. Eine junge Frau hielt dem Hauptmann ein gerolltes, grün gefärbtes Pergament entgegen, bei dessen Anblick dieser kreidebleich wurde. Die Botin trug ein Gewand mit dem grünen Wappen der Stadt, nur diese Boten überbrachten offizielle Dekrete der Stadtoberen. Dies konnte nichts Gutes bedeuten…

Der Hauptmann entfernte das Siegel, entrollte das Pergament und las die offensichtlich in äußerster Eile geschriebenen Zeilen dunkelgrüner Tinte.

An Boros Tarrn, Hauptmann der Stadtwache,
die Sicherheit der Stadt ist in Gefahr! Die weisen Berater der Stadtoberen konnten glaubhaft darlegen, dass der Fluch einer magischen Prophezeiung uralter elfischer Beschwörungen über das Land hereingebrochen ist. Der folgenden Direktive ist daher unverzüglich Folge zu leisten:
Jegliche Jägerinnen und Jäger des Landes sind angewiesen, nach elfischen Seelenayen Ausschau zu halten. Diese sind unversehrt in die Laboratorien des Erzalchimisten unter der Akademie zu übergeben. Eine Aufwandsentschädigung wird selbstverständlich gewährt. Weitere Informationen sind beim Hauptmann der Stadtwache zu erfragen.
Zudem sind ungewöhnliche Wetterphänomene, wie zum Beispiel Nebel an die Stadtwache zu melden.

“Nebel! Wie bitte?”, rief der Hauptmann ungehalten. Er las nicht weiter, denn eine pochende Ader zeichnete sich auf seiner Stirn ab.

Seine Mutter wies ihn sofort zurecht. “Nicht so unhöflich, Junge!”

Hauptmann Tarrn ignorierte den Einwurf der Alten und schob die Botin rückwärts zur Tür hinaus, um draußen ungestört mit ihr sprechen zu können. “Von wem bitte kommt dieses Schreiben?” Ungezügelte Wut flammte in seiner Stimme und sein Gesicht färbte sich rot.

Die Botin zuckte mit den Schultern und versuchte sich an einem unschuldigen Blick. “Von den Stadtoberen natürlich!”, verteidigte sie sich selbstbewusst gegen die unterschwellige Anschuldigung.

Tarrn runzelte die Stirn und setzte nun etwas freundlicher an, ohne jedoch die Schärfe in seinem Unterton verbergen zu können. “Seid ehrlich, wer hat das geschrieben?”

Seufzend gab die Botin nach. “Der Bibliothekar... Er sagt, auf Befehl des Erzalchimisten. Er sagt auch, man dürfe keine Zeit verlieren und müsse unverzüglich handeln.”

Nachdenklich versuchte der Hauptmann die Teile zusammenzufügen. “Dann muss an der Geschichte doch etwas dran sein”, schlussfolgerte er.

“Ich sprach auch mit einem Rekruten der Wache. Er sagt, es wurden schon fünf Seelenaye gefunden...”, rechtfertigte sich die junge Frau weiter.

“Moment, Seelenaye? Sind das diese hellblauen magischen Kugeln?”, unterbrach sie der Hauptmann.

Die Botin kratzte sich an der Nase. “Keine Ahnung, da müsst Ihr schon den Bibliothekar fragen. Er scheint da Experte zu sein.”

“Nun gut, es muss wirklich äußerst dringlich sein”, sah der Hauptmann schließlich ein. “Ich werde trotz Eures Betrugsversuchs alles veranlassen. Nur… Nebel? Warum bei allen Göttern und Geistern, sollen wir Informationen zum Wetter sammeln?”

Die Botin fasste den Hauptmann an den Arm, stellte sich auf die Zehen und beugte sich zu ihm herüber. “Ihr wisst das nicht von mir”, flüsterte sie “aber ich überbrachte soeben eine Nachricht. Darin stand, im Süden zuckten pausenlos Blitze am Himmel, aber es sind keine Wolken zu sehen. Im Norden dagegen ist der Himmel voller Wolken und sie glühen in grünem Schimmer. In einigen Teilen des Landes fällt sogar giftiger Regen herab.”

Der Atem des Hauptmanns stockte. Nach einigen Sekunden wurde er jedoch stutzig. “Ihr lest die Nachrichten? Aber sie sind versiegelt…”

Erneut zuckte die Botin mit den Schultern. “Ich muss jetzt gehen”, verabschiedete sie sich und ließ Hauptmann Tarrn vor der Türe stehen.

“Und woher habt Ihr überhaupt das grüne Pergament?”, rief er ihr hinterher. Eine Antwort jedoch blieb sie ihm schuldig.

Zum späten Nachmittag lag ein leichter Dunst in der Luft und es herrschte ungewöhnliche Stille in den Straßen. Nur das laute Magenknurren Tarrns war zu vernehmen, aber er hatte noch einen Termin mit dem Erzalchimisten.


Akt II

Teil 1: Apokalypse

Immer wieder klirrte es in den Laboratorien des Erzalchimisten. Zahlreiche Seelenaye fielen den ungeschickten Händen der Scholare zum Opfer – glücklicherweise musste jedoch niemand Scherben oder andere Spuren beseitigen. Nur einen Wimpernschlag später hörte man ein jedes Mal dieses leise Heulen. Vielen Scholaren gefiel dieses unheimliche Geräusch nicht und sie fühlten zunehmend unwohl. Einige beklagten, es höre sich an wie das herzzerreißende Weinen eines Kindes und legten daraufhin umgehend die Arbeit nieder. Andere wiederum meldeten sich freiwillig, um in der Akademie auszuhelfen, obwohl sie weder Lesen noch Schreiben konnten.

Zahlreiche Seelenaye wurden zu den Laboratorien gebracht und es wurden jeden Tag mehr. Ganze Lager füllten sich, schließlich wurden sie kistenweise auf dem großen Platz vor der Akademie aufbewahrt. Niemand bewachte sie, es gab ja genug. Nachts stahlen Kinder einige davon und bewarfen sich gegenseitig damit. Dieses unsägliche Heulen geißelte die Stadtbewohner, jedoch kam niemand dadurch zu Schaden.

Einige Tage später traute sich keines der Kinder mehr, eines der Seelenaye zu stehlen. Die Eltern verboten ihnen, das Haus zu verlassen. Sie selbst horteten Lebensmittel und Wasser, verrammelten Türen und Fenster und beteten, dass der Spuk bald ein Ende haben mochte.

Der Grund dafür lag außerhalb der Stadtmauern. Tag für Tag schlich ein dicker Teppich aus Nebel näher an die Stadtmauern heran. Es war ein Leichtes sich darin zu verirren. Nachdem erste Feldarbeiter verschwanden, stellten die Bauern die Arbeit ein und kehrten hinter die sicheren Mauern der Stadt zurück.

Doch nicht nur der Nebel plagte die Menschen, Elfen, Halbelfen, Zwerge und Gnome. Pausenlos zuckten Blitze am grün erleuchteten Himmel, in der Ferne brannten Bäume und Rauch lag in der Luft. Zugleich wütete Regen, der zunächst nur auf der Haut kribbelte und kurze Zeit später einen brennenden Ausschlag verursachte. Nichtsdestotrotz löschte er die Feuer und hinterließ einen unangenehmen Geruch in der Luft.

Priester, die all dies als Zeichen der Apokalypse deuteten, schossen wie Pilze aus dem Boden. Jeder von ihnen schien andere Götter oder Geister zu preisen und ein jeder versprach dem Volk, dass sein Gott der einzig Wahre wäre, um dieses Unheil abzuwenden.

Nur wenige Meter vor den Stadtmauern gruben sich Untote tief aus dem Erdreich an die Oberfläche und marschierten auf die Stadt zu. Jeden Tag wurden es mehr und mehr. Viele Jäger und Kämpfer fielen ihnen zum Opfer, aber andere tapfere Recken besiegten die Untoten. Jeder einzelne trug ein Seelenaye bei sich. Konnte man es ihnen im Kampf entreißen, zerbarsten die Unholde auf der Stelle zu Staub und Asche.

Teil 2: Die Entdeckung

In den Laboratorien und der Akademie wurden in wenigen Tagen hunderte Seelenaye untersucht, Bücher und Schriftrollen gewälzt sowie Briefe an elfische Gelehrte aus allen Teilen der Welt geschickt. Nicht einer von ihnen hatte jemals von den Seelenayen gehört. In einem jedoch waren sich alle einig. Im Inneren der Kugel befanden sich Geister oder Seelen von Verstorbenen, gefangen wie Goldfische in seinem Glas.

Doch niemand konnte sich vorstellen, wie mit diesem Wissen das wachsende Unheil abgewendet werden konnte. Öffnete man die Kugel, verlor sich der Inhalt in der Luft. Einige Scholare zerstörten sie mit voller Absicht, in der Hoffnung, eine gefangene Seele zu befreien und ihr so ewigen Frieden zu schenken.

Der Hauptmann der Stadtwache befragte die Jäger und Helden, die sich den Untoten stellten, jeden Tag nach Neuigkeiten aus der Umgebung. In der ersten Morgendämmerung saß er in der Wachstube, aß ein Käsebrot und verfasste Berichte über die Geschehnisse der vergangenen Nacht für den Erzalchimisten. Rekrut Lannes trat in den Raum, dieses Mal salutierte er nicht. Hauptmann Tarrn blickte nur kurz auf und schrieb sofort wieder weiter. “Ich bin noch nicht fertig, komm bitte später wieder.”

Lannes blieb stehen und knetete seinen Mantel nervös mit den Fingern. Tarrn blickte erneut auf und musterte den Rekruten kritisch, als dieser die Tür etwas weiter öffnete. “Welche Schreckensbotschaft hast du dieses Mal für mich?”

Eine junge Elfe trat ein, gekleidet in einer ledernen Rüstung und nass bis auf die Knochen. Ihre Haut war gerötet und verschmutzt, die Stirn blutig. Es war Sinari, die vor ein paar Tagen in Begleitung ihres Bruders in die Wachstube gekommen war und Hauptmann Tarrn als erste von dem heranziehenden Nebel warnen wollte. “Wir haben eine Entdeckung gemacht”, brach es aus ihr heraus und dieses Mal hörte der Hauptmann konzentriert zu. Er würde nicht ein zweites Mal den Fehler begehen und die Belange der Elfe ignorieren.

“Ich führte einen Trupp über die Felder vor die Stadt”, berichtete sie. “Wir tarnten uns in der Dunkelheit der Nacht, dem Regen und Sturm zum Trotz.” Sie machte eine Pause und sah dem Hauptmann einige Sekunden in die Augen, um sicherzugehen, dass er sie ernst nahm. “Wir folgten dem Fluss des Nebels zu seiner Quelle und tatsächlich…”

Die Augen des Hauptmanns weiteten sich. “Sprecht weiter!”, befahl er mit wachsender Anspannung.

“Wir fanden ihn, den Beschwörer. Ein grün leuchtender Nebel der ihn umgibt, strömt aus dem Boden und daraus formt er die Sphären.”

“Sphären?”, Lannis runzelte die Stirn. Ich dachte es sind Seelen-Eier, dachte er bei sich.

Sinari fuhr unbeirrt fort. “Es sind korrumpierte Seelen, manifestiert in der Form einer Sphäre, die er für seine Zwecke missbraucht. Und das Wetter…”, betrübt blickte sie zu Boden. “Dieses Ungleichgewicht der Mächte bringt alle Gefüge durcheinander. Ich weiß nicht, wie lange diese Welt, wie wir sie kennen, so noch existieren kann.”

Tarrn runzelte die Stirn. “Er gibt den Toten eine Seele und erweckt sie damit zum Leben? Wir müssen ihn aufhalten.”

“Und wie?”, brach es wütend aus Sinari heraus. “Wir haben ihn angegriffen und vier der tapfersten Kriegerinnen und Krieger verloren, die ich jemals kennenlernen durfte! Kein Pfeil konnte den Nebel, der ihn schützt, durchdringen”, ihre Wut schlug in Verzweiflung um. “Zudem hat er eine Mauer aus Untoten um sich herum errichtet. Der Versuch wäre zwecklos. Ehe wir diesen Nebel durchbrochen hätten, hätten sie uns bereits niedergemetzelt. Seine Reihen werden von Minute zu Minute stärker, denn für jeden besiegten Unhold erschafft er zwei neue. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Stadt ihm nicht mehr standhalten kann.”

Sie wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Lannes, der gebannt dem Bericht der Elfe lauschte, fiel vor Schrecken gegen einen Rüstungsständer und ein Plattenhelm schepperte auf den Boden. Peinlich berührt öffnete er die Tür und Erzalchimist Baldrim trat ein. Das Lächeln auf seinen Lippen konnte er nicht unterdrücken.

“Wir haben es geschafft”, sang seine Stimme und er vollführte eine tänzelnde Drehung in der Wachstube. Als sein Rücken gefährlich knackende Geräusche von sich gab, griff er sich vor Schmerz an die Lende und musste sich setzen.

Der Hauptmann war nicht zum Scherzen aufgelegt. “Was haben wir geschafft?”, drängte er den Besucher.

Der Erzalchimist zog die Atemluft durch die geschlossenen Zähne ein und verzog schmerzverzerrt das Gesicht. “Wir haben... oh je, mein Rücken… Wir haben eine Seele extrahiert und daraus ein Irrlicht erschaffen.”

Sinari und Tarrn blickten einander fragend an und Baldrim fuhr fort. “Dabei handelt es sich nicht um diese gefährlichen untoten Irrlichter”, er stockte nachdenklich. “Obwohl, genauer betrachtet sind sie auch untot, aber sie lassen sich für unsere Zwecke gebrauchen.”

“Wie?”, riefen die Elfe und der Hauptmann gleichzeitig und der Hauptmann musste lachen.

Teil 3: Erleuchtung

Der Junge atmete tief ein. “Die Wache auf der Mauer meint, ein grünes Leuchten im Nebel ausgemacht zu haben. Nicht in den Wolken, sondern draußen auf den Feldern. Es wird heller und hat kurz vor der Stadtmauer Halt gemacht”, informierte der junge Rekrut seinen Hauptmann am Mittag.

“Aber die Katapulte sind noch nicht fertig”, protestierte der Erzalchmist.

Tarrn zögerte nicht. “Dafür bleibt keine Zeit mehr. Wir müssen es ohne sie schaffen.” Sofort stürmte er aus der Kaserne, biss unterwegs noch einmal in sein Käsebrot und folgte seinem Rekruten auf die Stadtmauer. Der Erzalchimist und die Elfe Sinari stießen kurze Zeit später dazu.

Erzalchimist Baldrim hatte gemeinsam mit Sinari den ganzen Vormittag damit verbracht, die Extraktion der Seeleneye in Irrlichter – an denen die Scholare im Akkord arbeiteten – zu koordinieren und weitere Vorbereitungen zu treffen. Tarrn wählte indes die fähigsten der ihm bekannten Wächter und Jäger für die bevorstehende Mission aus. Das Ergebnis war ein Trupp aus Magiern, Kriegern und vornehmlich Schützen aller Völker, wie es keinen zweiten in diesem Land zu geben schien.

Sie alle wurden in Eile instruiert und mit den nötigen Waffen ausgestattet. Die Krieger trugen lederne Gürtel, Einhandschwerter und keine Schilde, stattdessen waren große, prall gefüllte Säcke auf ihre Rücken gebunden. Durch den groben Stoff leuchtete ein gelber Schimmer, der einen magischen Inhalt vermuten ließ. Der Erzalchimist verteilte leuchtend gelbe, sulfurfarbene Essenzen, die die Magier kritisch beäugten.

Als sie von der Mauer über die verwüsteten Ländereien blickten, sah Tarrn zum ersten Mal das grüne Leuchten, von dem Sinari gesprochen hatte. Es pulsierte regelrecht und auf den ersten Blick kam dem Hauptmann der Gedanke an ein großes schlagendes grünes Herz in den Sinn. Niemals hatten sie eine größere Horde wandelnder Toter gesehen, wie diejenige, die sich um das grüne Glühen versammelt hatte. “Wir brechen sofort auf”, befahl Tarrn und zeigte auf Lannes. “Du auch!”

Der Rekrut wusste nicht, ob er sich geehrt fühlen oder besser reißaus nehmen sollte. Er entschied sich schweren Herzens für ersteres und sie zogen los.

Der Weg war nicht weit, doch der Nebel verschluckte die Stadt hinter dem Trupp bereits nach wenigen Schritten. Dunkle Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und machten den Tag zur Nacht. Das grüne Leuchten jedoch schimmerte immer heller und deutlicher im Dunkel.

“Da ist… er!”, Tarrn blieb stehen.

“Wer?”, flüsterte Lannes leise und verschloss zugleich fest die Augen, denn die Antwort kannte er bereits. Als er sie wieder öffnete, sah er einen schmächtigen, ja dürren Mann in einer alten schmutzigen Robe. Er war weder elfisch, noch besonders furchteinflößend oder wirkte in irgendeiner Form mächtig. Im Gegenteil, er wirkte beinahe lächerlich. Der Beschwörer machte tanzende Bewegungen, ähnlich der freudigen Drehungen des Erzalchimisten in der Wachstube, und murmelte dabei seltsame Formeln.

Er machte eine Geste mit der Hand über dem dichten Nebel am Boden, als würde er etwas Unsichtbares in die Luft erheben. Wie eine Luftblase aus dem Wasser tauchte ein Seelenaye aus dem Nebel und der Beschwörer legte es sanft auf den Boden, murmelte dabei leise vor sich hin und… Lannes machte einen Sprung zurück und stieß einen der Magier dabei in den Dreck. Er wusste nicht, ob er seinen Augen trauen konnte, so unwirklich war das, was er beobachtete. Innerhalb eines Wimpernschlags griffen zwei vermoderte Hände aus dem Erdreich und die knöchernen Finger umschlossen die Kugel. Kurz darauf grub sich der Rest des Körpers aus dem Boden und ein wandelnder Toter erhob sich zu voller Größe. So beschwor der Mann seine Armee.

Der Hauptmann zog ein kleines ledernes Band von seinem Gürtel und nickte Sinari zu. Diese drehte sich zu der Gruppe und gab ihnen ein Zeichen mit der Hand.

Die Kompanie trat auseinander, so dass jeder ein bis zwei Schritt Abstand zu seinen Kameraden einhalten konnte. Am äußeren Rand zogen die Krieger ihre Kurzschwerter.

“Ihr könnt nichts tun”, die krächzende Stimme des Mannes ließ die Gruppe erstarren. “Ihr könnt meinen Nebel nicht durchdringen, nicht mit einem Pfeil und nicht mit einem Schwert. Ich habe nicht nur einen Eurer Angriffe abgewehrt. Alle Krieger, die ihr mir schicktet, wurden zu den Meinen.”

Sinari presste die Lippen aufeinander und ballte ihre Hände zu Fäusten bis das Blut aus ihren Fingern wich. Bei ihrem Vorstoß in der Nacht hatte sie vier Freunde verloren und nicht daran gedacht, ihnen heute als Feind gegenüberstehen zu können. Wutentbrannt gab sie der Gruppe ein zweites Zeichen.

Die Krieger legten die Säcke ab und nahmen ihre ledernen Gürtel in die Hand. Es waren Schleudern, die sie mit kieselsteingroßen leuchtenden Kügelchen aus den Säcken luden. Die Magier griffen nach den Essenzen und als sie sie aktivierten, knisterten winzige Funken in der Luft. Die Schützen legten Pfeile an, jederzeit bereit die Sehne zu spannen.

“Dreht um und verbringt die letzten Tage mit Euren Familien! Lasst mir doch bitte noch etwas Spaß, bevor ich Eure Stadt einnehme”, warnte der Beschwörer ein letztes Mal und widmete sich dann erneut seinen Gesten und Formeln.

Wie tanzende Glühwürmchen leuchteten die Pfeilspitzen der Schützen in der nebligen Dunkelheit. Ein jeder, der einmal den Zirkus erlebt hat, weiß, zu welch wunderbaren Tänzen die Feuer spuckenden Akrobaten in der Lage waren. So ähnlich wirkte das Funkenspiel der Steinschleudern, als die Krieger begannen sie zu schwingen.

Der Beschwörer hielt inne. “Ihr Spielverderber!”, zuckte er mit den Schultern. “Aber Ihr habt es nicht anders gewollt.” Auf einen Fingerzeig setzten sich zwanzig, vielleicht dreißig seiner wandelnden Toten in Bewegung und drängten auf die Truppe zu.

“Schützen!”, brüllte der Hauptmann und keine Sekunde später rauschte ein Schwall Pfeile über seinen Kopf hinweg. Die gelb glühenden Spitzen explodierten beim Aufprall und bildeten eine riesige Kugel aus grellem Licht, das sich in alle Richtungen ausbreitete. Die Seelenaye in den Händen der Angreifer zerbarsten, sobald sie dem Licht ausgesetzt wurden.

Die Angreifer schöpften ihr untotes Leben aus der Magie dieser Kugeln und kurzerhand zerfielen beide zu Staub.

“Nein!”, der Beschwörer war entsetzt. “So nicht! So endet es nicht!” Er riss beide Hände in den Himmel. Es donnerte und blitzte, während der andauernde Regen sich noch verstärkte. Die Welt war in ein grünes Glimmern getaucht, als die gesamte Untotenarmee sich in Bewegung setzte.

Der Boden unter Tarrns Gruppe bewegte sich, als Klauen und halb verrottete Hände daraus empor griffen. Die Magier vernichteten sie mit ihren Essenzen, während die Krieger ihre Steinschleudern auf die herannahende Armee entluden. Das grelle Licht war effektiv in seiner Wirkung, aber der Schwall an Gegnern wollte einfach nicht abreißen. Nach einer Weile zweifelte der Hauptmann erstmals daran, dass ihre Ausrüstung ausreichen würde. Eine Ewigkeit verging und im dichten Nebel konnte keiner der Kämpfer erkennen, ob die Reihen der wandelnden Toten sich überhaupt lichteten. Als schließlich die ersten Pfeile ausgingen zog der Hauptmann sein Schwert und schlachtete sich damit durch die Massen, um die Schützen zu verteidigen. Einer der Magier ging zu Boden, als die Untoten ihn umringten und der Beutel mit den Essenzen sich geleert hatte.

Selbst der Rekrut Lannes schwang sein Schwert und mähte eine ganze Reihe wandelnder Toter nieder. Als er einen davon köpfte, verlor dieser sein Seelenaye. Dieses Mal jedoch zerbarst es nicht am Boden, sondern rollte unversehrt über den weichen Schlamm vor Lannes Füße und kam dort zum erliegen. Der Junge stutzte und sah sich um. Er bückte sich und griff nach der dampfenden leuchtenden Kugel. Plötzlich schoss eine Hand aus dem Boden und umschloss Lannes Handgelenk. Wie gelähmt stand er still und sein Schwert glitt zu Boden. Unfähig einen Laut von sich zu geben, versuchte er gegen den Griff des Untoten anzukämpfen. Er trat mit seinem Fuß fest in den Boden, um sich mit aller Kraft dagegen zu stemmen.

In dieser Sekunde griff eine zweite Hand nach Lannes Bein. Er verlor das Gleichgewicht und fiel vollends zu Boden. Mit weit aufgerissenen Augen tat der junge Rekrut seinen letzten Atemzug, als ihm die Eingeweide von untoten Klauen aus dem Leib gerissen wurden.

“Nein!”, brüllte Tarrn, als er Sekunden später seinen Zögling erblickte, der sich mit einer leuchtend blauen Kugel in der Hand wieder erhob. Mit schmerzverzerrtem Gesicht nahme er die Kampfhaltung ein und umfasste sein Schwert fest mit beiden Händen. Gerade als der Hauptmann zum Schlag gegen Lannes, oder das was aus ihm geworden war, ausholen wollte, wurde das Schlachtfeld in einen schwachen Schein gelben Lichts getaucht.

Im nächsten Augenblick schon wurde es heller und die Kämpfer erkannten, was sich hinter ihnen näherte. “Die Katapulte!”, rief Sinari. In sekundenschnelle war alles taghell erleuchtet, als die glühenden Geschosse wie Kometen über den Himmel rasten. Bei ihrem wuchtigen Einschlag wurde alles in gleißendes Licht getaucht und es blieb der Kompanie nichts anderes übrig, als minutenlang die Augen zu schließen, um nicht zu erblinden.

Als der Hauptmann nach einer gefühlten Ewigkeit blinzelnd seine Augen wieder öffnete, standen nur noch er und seine kleine Armee auf dem Schlachtfeld. Der Nebel lichtete sich und es hatte aufgehört zu regnen. Alle Untoten schienen zu Staub zerfallen zu sein.

Nur der Beschwörer näherte sich ihnen langsam und hielt dabei beide Arme in die Höhe. Schließlich sank er vor Tarrn auf die Knie. “Ich ergebe mich!”, flehte er. Doch sein Leben sollte noch vor dem Ende dieses Tages erloschen sein.


Charaktere

Baldrim - Ein Erzalchimist und guter Freund Borros Tarrns.

Borros Tarrn - Der angesehene Hauptmann der Stadtwache, wohnhaft bei seiner Mutter. Er besiegte den Beschwörer der Seelenjagd.

Lannes (†) - Der Rekrut der Stadtwache starb im Kampf gegen den Beschwörer der Seelenjagd.

Sangyl - Ein Elf, blass und schwach. Seine Schwester heißt Sinari.

Sinari - Eine Elfe und Sangyls Schwester. Die erfahrene Jägerin besiegte den Beschwörer der Seelenjagd an der Seite Borros Tarrns.