Die Tücke der Geister
Gesammelte Volksweisheiten zusammengetragen von Jadeauge.
Ein Elfenmädchen von 7 Jahren stieg im Spiel auf einen hohen Baum. Geschickt kletterte sie die unteren starken Äste herauf, doch je höher sie kam, desto dünner wurden die Zweige. Und so kam, daß der Zweig brach, an dem sie sich festhielt und sie stürzte hinab in die Tiefe. Sylaphars Winde fingen sie in der Luft und ließen sie sanft zu Boden kommen.
Überwältigt von dem Glück lief sie zu ihren Eltern und erzählte, was geschehen war. Und die Eltern drückten sie und weinten, daß sie dieses Unglück heil überstanden hatte. Und sie dankten Sylaphar für ihre Gnade und tadelten die Tochter, erneut so hoch zu steigen, doch ließ diese sich nicht davon abbringen. Gleich am nächsten Tage erklomm sie den Baum von Neuem. Und sie erreichte den Stumpf des Zweiges, den sie am Tag davor abgebrochen hatte. Sie stieg sicher daran vorbei und erreichte die Krone, die im Wind schaukelte. Ausgelassen rief sie ihre Freude aus und bemerkte dabei nicht, daß der Zweig, auf dem sie stand langsam nachgab und schließlich auch durchbrach. Ungestoppt fiel das Elfenmädchen durchs Geäst und brach sich am Boden das Genick, denn Sylaphar ist niemandem Untertan.
Einen Gnomen auf Wanderschaft trieb es im kalten Herbst in einen Wald, in dem er nach Schutz suchte. Unter den dichten Bäumen ließ der Regen von ihm ab, doch stieg die Kälte in seine Glieder und er beklagte sich, wie töricht er doch war, zu dieser kalten Jahreszeit ausgezogen zu sein. Zitternd kauerte er sich an einen Baum und klapperte laut mit seinen kleinen Zähnen. Sarmakand kam herbei und erkannte die Not des Gnoms. Er schlug ihm vor, Holz zu sammeln, damit er es für ihn entzünden werde. Und der Gnom, glücklich angesichts dieser unglaublichen Begegnung, raffte sich auf und sammelte Stöcker und Rinde, um sie Sarmakand darzubringen. Dieser schnippte einen Funken in das Holzgut und es entflammte sofort. Dem Gnom wurde warm und er dankte dem Geist für seine Dienste.
Kurze Zeit später kam ein Riese an den Wald, vollkommen durchnäßt vom Regen und ebenfalls frierend. Und Sarmakand konnte nicht umhin, ihn anzusprechen und ebenfalls seine Hilfe anzubieten. Auch ihm befahl er, genug Holz zu sammeln, welches er für ihn entzünden würde. Und der Riese sah sich um und sagte, daß ein so großes Wesen wie er kein Holz sammeln muß, wenn er vor einem kleinen Wäldchen steht. Und Sarmakand erkannte die Klugheit in den Worten des Riesen und verwandelte den ganzen Wald in ein riesiges Lagerfeuer. Nun war es dem Gnom am wärmsten, doch war der Riese der Einzige, der sich an der Wärme erfreute.
Umandia ließ sich in einem Tal nieder und erzeugte eine Quelle, die das Tal in Wasser tauchte und daraus einen See formte. Nicht lange brauchte es, bis die ersten Lebewesen sich in dem See ansiedelten und er irgendwann prächtige Fische hervorbrachte. Eines Tages entdeckten die Menschen das Tal und seinen See hinter einem beschwerlichen und eisigen Gebirge und ließen sich nieder. Sie bauten sich Häuser aus den vorhandenen Bäumen und lebten von den Pflanzen und Tieren aus dem See. Es entstand in kurzer Zeit ein kleines Dorf, dem es an nichts mangelte. Man konnte sich versorgen und war geschützt vor Angriffe durch das Gebirge. Man dankte Umandia für ihre Gnade und das Geschenk, welches sie den Siedler gemacht hatte mit dem See.
Doch eines Tages verließ Umandia das Tal, denn es liegt nicht im Wesen des Wassers, starr zu sein und sich nicht zu bewegen. Die Quelle versiegte, die Fische und Pflanzen starben und bald hatten die Menschen nichts mehr zu essen und zu trinken. Den Weg gefährlichen Weg über das Gebirge konnten sie nicht gehen und so starb das kleine Dorf so schnell, wie es aufgebaut wurde.
Ein Jüngling, Sohn einer Elfe und eines Menschen, gierte es nach dem Erbe seines Vaters. Doch war dieser noch rüstig und geizig mit seinen Gaben. Hart hatte er sich sein Gold erarbeitet und selten gab er es aus. Der Sohn hatte kein Verständnis für das Verhalten seines Vaters und noch weniger Verständnis dafür, daß er als Mensch in hohem Alter noch lange nicht dazu bereit war zu sterben. Nun hatte der Sohn nicht die Geduld zu warten und so betete er täglich zu dem Geist Jimane, daß sie doch seinem Vater einen Besuch abstatten solle. Die Tage vergingen und Jimane erhörte den Ruf. Der Vater alterte plötzlich und machte sich daran, sein Testament zu verfassen. Seine Frau, die vor langer Zeit zurück zu den Elfen gegangen war, bedachte er nicht, so daß all sein Vermögen seinem Sohn zufallen sollte. Momente, nach dem er seine Unterschrift auf dem Pergament hinterlassen hatte, schied er dahin. Der Sohn freute sich über seinen erhaltenen Reichtum und trauerte nur kurz um seinen Vater. Er gab sein Gold in der Stadt aus für teure Kleidung, glitzernden Schmuck und köstliche Speisen. Mit dem Reichtum kamen auch die Frauen, die an seine Tür klopften und so nahm er sich die schönste von allen und heiratete sie noch am selben Tag.
Doch wußte er nicht, daß Jimane die Stadt gefiel, in die er sie gelockt hatte. Und so alterten die Menschen um ihn herum und allen voran seine neue Frau. Zeit zum Bereuen hatte er nicht lange, denn er starb gleich nach ihr. Und Jimane zog weiter.
In einem Gebirge im Osten errichteten ein paar Zwerge eine Siedlung. Unwirtlich, wie das Gelände war, riefen sie nach Tirkan, dem Geist der Erde, um seine Gunst zu erwerben. Tirkan kam und fragte die Zwerge, warum er ihnen einen Dienst erweisen sollte. Und die Zwerge zeigten ihre Hände und ihre Werkzeuge und ihre Werke, die sie aus den Steinen der Erde geschaffen hatten. Dies erfreute den Geist und er sagte den Zwergen, daß sie seiner würdig seien. Erfreut baten sie darum, daß er das Gelände ebenen solle, damit sie ihre Hütten darauf bauen konnten, um im Gebirge nach Erzen und Edelsteinen suchen zu können. Ohne Mühe befolgte Tirkan den Wunsch und die Zwerge hatten Fläche zum Bauen. Der Geist verließ sie und die Zwerge machten sich daran, ihre Hütten aufzustellen und Schächte und Gänge in den Berg zu graben. Doch stellten sie fest, daß der Stein hart war und das Hacken und Graben anstrengend. Sie berieten sich und riefen erneut nach Tirkan, um seine Dienste in Anspruch zu nehmen. Und Tirkan, der immer noch angetan war vom Wesen der Zwerge, gewährte ihnen den neuen Wunsch. Er riß die Erde und den Felsen an der Stelle auf, welche die Gruppe der Zwerge auserkoren hatte. Als die Zwerge sahen, mit welcher Leichtigkeit, der Geist die Arbeit verrichtete, dachten sie sich, daß sie sich das zu nutze machen könnten. Und sie zeigten ihm weitere Stellen, an denen er die Erde aufreißen sollte, damit sie an die Schätze kamen, die sie verbirgt.
Doch Tirkan wurde der mühseligen Arbeit überdrüssig. Er mochte die Zwerge, doch fand er keinen Gefallen daran, ständig neue Löcher an eine neue Stelle zu reißen. So nahm er seine Kraft zusammen und riß die Erde und den Fels rund um die Zwergensiedlung auf, so daß sie mit einem Mal im Erdboden versank. Zufrieden formte sich der Geist aus den Trümmern eine Schlafstätte, um darauf zu ruhen.